Claus Pütz
"Untersuchungen zur Auswahl von Lehrinhalten
des Faches Darstellende Geometrie
für die Hochschulausbildung zum Architekten"
Expose zur Dissertation
Die Darstellende Geometrie ist eine angewandte mathematische Disziplin,
die sich mittels zeichnerischer Methoden
zum einen mit der praktischen Durchführung des
Prozesses der Darstellung
und zum anderen mit der Analyse und Erzeugung von Objekten
im dreidimensionalen Raum
beschäftigt.
Durch die Reduzierung des Anteils dieses Faches
am Gesamtumfang der Unterrichtsstunden in der Architektenausbildung
ist es nicht mehr möglich,
die Darstellende Geometrie auch nur annähernd in ihrer ganzen Breite zu vermitteln.
Als Beitrag zu der Entwicklung eines Curriculums
,,Darstellende Geometrie für Architekten"
wird daher in der eingereichten Arbeit untersucht,
welche geometrischen Themen
in der Berufspraxis des Architekten tatsächlich Anwendung finden
und welche Inhalte
direkt oder indirekt dazu beitragen,
daß der Student
Fähigkeiten entwickelt,
die als Grundlage der späteren Arbeitspraxis gelten.
Für die Ermittlung der Themen und Methoden
aus dem Kanon der Darstellenden Geometrie,
die für Architekten besonders relevant sind,
werden
(a) die Bedeutung der Abbildungsarten für Architekturzeichnungen geklärt und
(b) die Verwendung räumlicher Gebilde im Arbeitsbereich des Architekten
untersucht.
(a) Es wird bestätigt,
daß die Darstellende Geometrie einen wesentlichen Beitrag zur maßgerechten Festlegung
von architektonischen Entwürfen
in Grundrissen, Ansichten und Schnitten (Zwei- bzw. Mehrtafelprojektion)
liefert,
und gezeigt,
daß alle an den Architekten herangetragenen Aufgaben der
räumlichen Geometrie
mit der Lösung von elf Grundaufgaben zu bewältigen sind.
Der Behandlung dieser Themen
sollte daher innerhalb der Veranstaltung ein erheblicher Stellenwert zukommen.
Ferner werden die vier für die anschauliche Bildwirkung günstigsten
Abbildungsarten ermittelt:
Für den Achitekten sind die
Schräge Parallelprojektion auf eine horizontale Bildebene
(,,Isometrie")
und die
Zentralprojektion auf eine vertikale Bildebene (,,Perspektive")
besonders relevant und somit in der Lehre gründlich zu behandeln.
Sinnvollerweise sollten außerdem die
Senkrechte Parallelprojektion auf eine geneigte Bildebene (,,Axonometrie")
und die
Zentralprojektion auf eine zu einer Fassadenebene parallele Bildebene
(,,Zentralperspektive")
berücksichtigt werden;
die Axonometrie kann mit dem in der Dissertation entwickelten
,,Kopierverfahren" aus einer ,,Isometrie" erzeugt werden.
Um die zeichnerischen Konstruktionsmethoden für den Architekten möglichst
prägnant und einfach gestalten zu können,
wird ein für alle Abbildungsarten einheitliches Konstruktionsverfahren
( das allgemeine Aufbauverfahren)
entwickelt,
mit dem mit minimalen Mitteln
jedes Objekt abgebildet werden kann.
Ferner werden ergänzende Elemente erarbeitet,
die u.U.
erhebliche Arbeitserleichterungen ermöglichen.
Da die Anschaulichkeit von Architekturzeichnungen
durch Schattendarstellungen gesteigert werden kann,
sollten die entsprechenden geometrischen Grundüberlegungen
in der Lehre vorgestellt werden;
die Schattenkonstruktionen selbst lassen sich jedoch durch Lösung
der bereits erwähnten Grundaufgaben durchführen.
Spiegelungen und die Einfügung von Architekturzeichnungen in Fotografien
sind in der Berufspraxis des Architekten nicht unbedingt erforderlich;
lediglich für einige triviale Sonderfälle lohnen sich kurze Hinweise
am Rande der Pflichtveranstaltung.
Der Beitrag der Geometrie zur Steigerung der Anschaulichkeit von
Architekturzeichnungen durch die Darstellung von Menschen und Bäumen
beschränkt sich auf die Abbildung von Strecken und Kugeln.
(b) Vielflache bilden die Gruppe der für den Architekten wichtigsten
Raumelemente;
für ihre Behandlung sind wieder lediglich die Grundaufgaben (s.o.)
zu beherrschen.
Unter den gekrümmten Flächen finden am häufigsten
gerade Kreiszylinder als architektonische Elemente Verwendung;
daher sollten dem Architekturstudenten die zum Einsatz dieser Flächen
nötigen Kenntnisse gründlich vermittelt werden.
Die Behandlung von allgemeinen Zylindern, Kreiskegeln und Kugeln
kann kürzer gefaßt werden.
Weitere Flächen (z.b. hyperbolische Paraboloide und Wendelflächen)
können im Rahmen einer Pflichtveranstaltung nur in aller Kürze
berücksichtigt werden;
ihre Behandlung sollte einer weiterführenden Veranstaltung
vorbehalten bleiben.
Durchdringungen gekrümmter Flächen werden in der Architektur
höchst selten vorgesehen.
Da aber schon zwei gerade Kreiszylinder eine Durchdringungskurve
erzeugen können, die nicht eben ist,
sollte der Architekturstudent wenigstens über die grundlegenden Prinzipien
zur Lösung von Durchdringungsaufgaben informiert werden
Mit dieser Auswahl der Lehrinhalte ist die Voraussetzung dafür geschaffen,
daß der Architekturstudent im Beruf auftretende geometrische Probleme
lösen und sich bei Bedarf in spezielle geometrische Aufgabenstellungen
gezielt einarbeiten kann.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung können bei der
Entwicklung eines Hochschulcurriculums für den Studiengang Architektur
verwendet werden und liefern die Basis,
um die Integration der Lehrveranstaltung ,,Darstellende Geometrie" in den Fächerkanon
der Architektenausbildung zu vereinfachen.